Zwischen dem 6. und dem 9. Juni 2024 wählen die Bürger*innen aller Länder der europäischen Union die Mitglieder des EU-Parlaments neu.
Während der letzten Europawahl vor 5 Jahren wurde die Wahl zur „Klimawahl“ erklärt: Die Grünen fuhren in Deutschland Rekordergebnisse ein, Rezo zerstörte die CDU für ihre desaströse Klimapolitik und Fridays for Future brachte hunderttausende Menschen für Klimagerechtigkeit auf EU-Ebene auf die Straße. Die Zeit bezeichnete das als „Angriff aus dem Kinderzimmer“ und prophezeite, dass diese erste Klimawahl der BRD sicher nicht die letzte gewesen sei.1
Heute, 5 Jahre später, befinden wir uns in einer anderen Situation: Die klimawandelleugnende AFD ist mit ihrem faschistischen Kandidaten Krah weiterhin auf Siegeskurs, die Kriege in Gaza und in der Ukraine dominieren das allgemeine Bewusstsein und die Folgen der Energiekrise und Inflation fressen immer noch Monat für Monat ein Loch in die Taschen des Großteils der Bevölkerung, während die der wenigen Reichen immer und immer weiter überquellen. Klimawahl? Bisher mehr als Fehlanzeige. Stattdessen fragt die Website des ZDFs, ob 2024 „das Jahr der Rechtspopulisten“ wird2, während die TAZ festhält, dass das „der Kampf gegen die Klimakrise den Menschen in Europa aber nicht mehr so wichtig zu sein scheint“.3
Doch auch ohne die große Klimawahl bleibt das Projekt Europa eins, welches der Bekämpfung des Klimawandels und dem Ziel der Klimagerechtigkeit fundamental entgegensteht.
Die EU war und ist eine Wirtschaftsunion und geschaffen, um die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitgliedsstaaten gegenüber denen der restlichen Welt zu sichern und durchzusetzen. Konkret heißt das die Fortsetzung von jahrhundertelangen, globalen Ausbeutungsverhältnissen.
Deutschland kommt dabei eine besondere Rolle zu: Die BRD ist am stärksten von allen Staaten im EU-Parlament vertreten. Ihre Wirtschaftsinteressen sind häufig maßgeblich für europäische Entscheidungen, wie 2012 als die Auswirkungen der Finanzkrise gänzlich auf die griechische Bevölkerung, gepaart mit rassistischen Stereotypen, abgewälzt wurden. Und nicht zuletzt ist es Ursula von der Leyen, eine deutsche CDU-Politikerin, die als Präsidentin der EU den sogenannten „Green Deal“ als das entscheidende Klimapolitische Projekt dieses Jahrzehnts voranbringt, den der Guardian als eine gigantische Übung im Greenwashing betitelte (orig. „The EU’s green deal is a colossal exercise in greenwashing“)4. Während für die Rettung des europäischen Finanzsektors mehr als 4,2 Billionen Euro zur Verfügung standen, sind es hier 1 Billion Euro um unsere Welt zu retten. Das Ziel des Green Deals ist es die „Wirtschaft und die Art und Weise wie produziert wird mit dem Planeten zu versöhnen und dafür zu sorgen, dass das für unsere Menschen funktioniert“. 5 Die Tatsache, dass die aktuelle kapitalistische Wirtschaftsweise, für die die EU maßgeblich steht, nicht mit dem Planeten versöhnbar ist, führt diese neue europäische Wohlstandsformel ad absurdum. Und auch die Betonung darauf, dass es um „unsere Menschen“ geht, reiht sich in die systematische rassistische Abschottung der EU nach außen, welche erst kürzlich durch die GEAS-Reform einen neuen Höhepunkt erreicht hat, ein: Es geht um die Sicherung europäischer Wirtschaftsinteressen, ohne die Bekämpfung des Klimawandels ernsthaft zu beginnen und ohne das Leben von Nicht-Europäer*innen zu berücksichtigen.
An diesem Kern der EU wird auch die Wahl am 9. Juni nichts ändern – egal, wer am Ende mit welcher Macht im neuen EU-Parlament vertreten sein wird. In Anbetracht des zu erwartenen europaweiten Rechtsrucks ist jedoch zusätzlich davon auszugehen, dass es nicht besser werden wird: Nicht für die Mehrheit der Menschen, die in Zeiten der Krise ärmer und nicht reicher werden. Nicht für die Menschen, die das Massensterben im Mittelmeer bekämpfen wollen. Nicht für alle Menschen, die ein materielles Interesse daran haben, dass der aktuell sich am schnellsten erhitzenste Kontinent der Welt nicht weiterhin im Grün angemalten Auto gegen die Wand der Klimakrise fährt.
Was uns bleibt ist der gemeinsame Kampf für eine bessere, klimagerechte Welt!
Dafür treffen wir uns jeden 2. und 4. Donnerstag im Monat im Linken Laden Trude Lutz.
1 https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-05/europawahlergebnis-klimapolitik-fridays-for-future-protestwahl-gruene
2 https://www.zdf.de/nachrichten/thema/europawahl-142.html Abgerufen: 2. Mai 2024
3 https://taz.de/Eurobarometer-Umfrage-vor-Europawahl/!6002227/ Abgerufen: 2. Mai 2024
4 https://www.theguardian.com/commentisfree/2020/feb/07/eu-green-deal-greenwash-ursula-von-der-leyen-climate Abgerufen: 2. Mai 2024
5https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/fr/speech_19_6749 Abgerufen: 2 Mai