Nachbericht: Antikapitalistischer Block beim Klimastreik in Tübingen

Unsere Wahl – Kampf dem Kapital!

Am Freitag, 24. September 2021, gingen wir gemeinsam mit Fridays For Future auf die Straße. Im Rahmen eines antikapitalistischen Blocks zogen wir unter dem Motto „Es gibt keinen grünen Kapitalismus“ mit ca. 100 Personen durch Tübingen.

Mit vielen Schildern, Transparenten und lautstarken Parolen konnten wir unsere Inhalte kämpferisch auf die Straße tragen. Zu lesen war zum Beispiel „Koloniale Ausbeutung stoppen! Solidarität mit Klimakämpfen überall“ oder „Konzerne enteignen! Werke erhalten, Produktion umstellen!“. Begleitet wurden diese Inhalte von Parolen wie „Hinter dieser Krise steht das Kapital, der Kampf um Befreiung ist international“. Als zur weiteren Untermalung des Blocks grüner Rauch gezündet wurde, war das „a – anti – anticapitalista“ kaum zu überhören. Auch als die Demo am Lustnauer Tor an den Gebäuden der Deutschen Bank und Sparkasse vorbeizog, ertönten laute
„Brecht die Macht der Banken und Konzerne“-Rufe. Auf der Abschlusskundgebung hielten wir eine Rede, bei der wir die Notwendigkeit einer antikapitalistischen Gegenmacht beim Kampf für Klimagerechtigkeit betonten. Diese gilt es in Zukunft als solidarische Ergänzung zu bereits bestehenden Klimagruppen zu organisieren.

Unsere Teilnahme am Klimastreik ist als voller Erfolg zu werten, nicht nur schlossen sich über 100 Personen unserem Block an, auch konnten wir durch gute Vorbereitungs- und Basteltreffen einen kämpferischen und inhaltsstarken Ausdruck durch Schilder und sonstiger Untermalung der Demo auf die Straße tragen. Außerdem hatten wir uns im Vorfeld bundesweit mit verschiedenen antikapitalistischen Initiativen und Treffen auf ein gemeinsames Motto geeinigt. So war auf dem Hochtranspi „Unsere Wahl: Kampf dem Kapital! Klimagerechtigkeit von unten erkämpfen!“ zu lesen. Dies ist eine Fortsetzung des Austauschs und der gesammelten Schlagkraft, die wir bei den Protesten gegen die IAA Anfang September machen und sammeln konnten.

Mit der Teilnahme am Global Strike ist die „Initiative für einen antikapitalistischen Block“ vorerst vorbei, allerdings laden wir alle Interessierten gerne zu einem Nachbereitungs- aber auch Zukunftstreffen ein. Dort wollen wir darüber reden, wie und in welchem Rahmen unsere Arbeit in Zukunft weitergehen kann! Dafür treffen wir uns am Donnerstag den 30.9. um 19 Uhr vor dem Clubhaus.

Klimagerechtigkeit von unten erkämpfen! Hoch die internationale Solidarität!

 

Unser Redebeitrag:

Wir finden, die Klimabewegung braucht eine Ergänzung, die für antikapitalistische Inhalte und eine Perspektive jenseits dieser Gesellschaftsordnung eintritt. Denn dieser Sommer hat gezeigt: Abgesehen von den Superreichen ist niemand mehr vor Klimakatastrophen sicher: Waldbrände in der Türkei und Griechenland, Flutkatastrophen in Kenia und Deutschland, Hungerkrise auf Madagascar. Und trotzdem will die BRD bis 2038 weiterhin Braunkohle abbauen und verbrennen, Steinkohle und Gas importieren und am Individualverkehr festhalten. Und das, obwohl wir im September 2019 beim Klimastreik eine Million Menschen auf den Straßen waren. Trotzdem ändert sich kaum etwas.

Das liegt daran, dass hinter der Klimapolitik dieses Staates wirtschaftliche Interessen von großen Konzernen und ihrer Lobby stehen, etwa der Kohle- oder der Autolobby. Auch wenn diese sich durch Elektro-Mobilität oder ein neues Logo einen grünen „klimafreundlichen“ Anstrich verpassen wollen, sind sie dazu gezwungen Profite zu erwirtschaften.

Im Kapitalismus entscheiden nicht wir Arbeiter*innen, woran wir arbeiten müssen. Selbst wenn wir uns einen anderen Arbeitsplatz suchen, bleibt gleich: Nur die, denen die Konzerne gehören, können darüber entscheiden, wie was produziert wird. Egal, ob diese Arbeit gesellschaftlich nützlich oder umwelt- und klimaverträglich ist. Das heißt auch: Einige wenige Personen und Konzerne sind dafür verantwortlich, dass Deutschland historisch gesehen mit am meisten Treibhausgase ausstößt. Und das sind nicht wir Lohnabhängigen, sondern die Klasse der Kapitalist*innen. Sie hat kein Interesse daran, im Sinne der Mehrheit – uns Arbeiter*innen – zu wirtschaften. Ob uns das in eine 5°C heißere Welt katapultiert oder nicht, ist Nebensache. Auch wenn eine grüne Regierungsbeteiligung uns vielleicht kleine Reformen bringen wird, bleibt das System Kapitalismus das gleiche. Egal, ob GroKo, Schwarz-Grün, Jamaika oder Rot-Rot-Grün. Klimagerechtigkeit kann man nicht im Wahllokal wählen! Deshalb ist es an uns Arbeiter*innen, diesem System den Kampf anzusagen, um nachhaltig Klimaschutz möglich zu machen – Wir sagen: Unsere Wahl – Kampf dem Kapital!

Das heißt, wir brauchen die Kontrolle über die Art und Weise, wie wir wirtschaften. Wir befinden uns in einer Überproduktionskrise, es wird viel zu viel produziert: Zum Beispiel haben die meisten Menschen bereits ein Auto, daher werden künstlich – per Werbung und kurzer Lebensdauer des Fahrzeugs – Anreize geschaffen, ein neues zu kaufen. So können die Konzerne immer mehr Gewinne einsacken. Für uns heißt das: Um Einfluss auf diese Abläufe – und damit das System – nehmen zu können, müssen wir die Konzerne enteignen, die Produktionsweise klimafreundlich gestalten und die Werke demokratisch organisieren. Diesen Kampf führen wir gemeinsam mit den Arbeiter*innen der Betriebe und nicht gegen sie. Denn Klimakampf heißt Klassenkampf.

Außerdem reiht sich unser Kampf für Klimagerechtigkeit ein in den der weltweiten Arbeiter*innenklasse. Unsere Genoss*innen im globalen Süden nehmen für ihren Widerstand das Risiko staatlicher Unterdrückung und langen Haftstrafen bis hin zur Ermordung durch die Handlanger großer Konzerne in Kauf. So werden im Schnitt jede Woche vier Klimaaktivist*innen wegen ihres Kampfs gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Vernichtung von Staat oder Konzernen ermordet.

Internationale Solidarität bedeutet, dass wir hier vor Ort koloniale und imperiale Strukturen bekämpfen und angreifen wollen. Ob Steinkohle- oder Soja-Import, Zement-Industrie oder die weitere Eskalation der Klimakrise.

Hierbei ist klar: Nichts davon, kann im leeren Raum oder am Schreibtisch erkämpft werden. Deshalb müssen wir Strukturen von unten aufbauen, die den Klimakampf kontinuierlich organisieren. Denn natürlich ist Klimapolitik mit einem Klassenstandpunkt auch nach dem Global Strike heute noch notwendig. Wer sich dem anschließen oder darüber diskutieren möchte, den*die laden wir herzlich zu einem Nachbereitungs- und Ausblicktreffen am 30. September ein. Seid dabei, die Zeit für Klimakampf ist jetzt. Klimagerechtigkeit von unten erkämpfen!